ars-et-saliva
 

david p. eiser

politikverdrossenheit und
achtungsverlust



ein plädoyer für qualitätsmanagement in der politik

politikverdrossenheit ist ein schleichendes übel, eine krankheit, die
nicht von jetzt auf
gleich ausbricht sondern sich langsam aber stetig
entwickelt, wenn das tun und lassen
der politiker dem volk nicht mehr
vermittelt werden kann.

die basis dieser krankheit sind enttäuschung, frust und das gefühl,
betrogen und
verschaukelt zu werden, keinen einfluss zu haben und
dem lauf der dinge ausgesetzt
zu sein, ohne sich dafür verantwortlich
fühlen zu können.
zugleich verliert der bürger die achtung vor denen,
die vorgeben, sich um das
wohl des volkes zu bemühen, seien es die
parlamentarier oder die mitglieder der
regierung, die parteien oder
regierungsinstitutionen.


der bürger hat ein paar möglichkeiten, um damit umzugehen:

a) er geht nicht mehr zur wahl, um partei und kandidaten die legitimation
zu
verweigern, in der vagen hoffnung, dass die schwindende wahlbe-
teiligung
bei den parlamentariern alarm auslöst und sie nach der ursache
fragen lässt


b) er wählt aus frust und/oder protest partei und kandidaten, die mal
„etwas
ganz anderes" versprechen

c) er geht „auf die strasse", verschwindet in der masse und „macht mit"
bei
denen, die gleiches zu empfinden scheinen wie er selbst

d) er benutzt „soziale medien", um vermeintlich frei von gesellschaftlichen
übereinkünften, seine meinung zu propagieren und follower zu finden,
die sich auf seine seite schlagen und ihm das gefühl vermitteln, eine
stimme zu sein, die gehört wird


das, was in deutschland an politischem porzellan in den letzten jahren
zerschlagen
wurde, ist ein musterbeispiel für das versagen eines
systems, das unkontrolliert und
fremdgesteuert vor sich hinreagiert
(sic!) (unkontrolliert: es gibt kein qualitätsmanage
ment. - fremdgesteuert:
grosskonzerne bestimmen den gang der politik. - 
reagieren: getrieben
werden).

alle versuche (wahlkämpfe, wahlgeschenke...), sich vor dem verlust von
wähler
stimmen zu schützen, sind gescheitert und haben im gegenteil
dazu beigetragen,
den trend zu verstärken, zugunsten beispielsweise
der AfD und zugunsten einer
aufsplitterung der parteienlandschaft.


nur ein paar fragen:

- warum benötigt die bundesrepublik über 600 parlamentssitze, inzwi-
schen
sogar über 700? ist das denn ein versorgungssystem für treue
parteisoldaten?

(China: 1.2 milliarden bürger, aber nur 3000 parlamentarier. im ver-
gleich
dazu müssten wir doch mit 200 abgeordneten im bundestag
auskommen
können.)

- warum gibt sich ein bundesland mit 8 millionen einwohnern nicht
mit einem
zehntel der abgeordneten des bundestages zufrieden -
also 60 oder 70
parlamentariern?  - nein es müssen weit über 100 sein!

- wenn die zahl der abgeordneten nicht abhängig ist von der zahl der
vertretenen bürger, wovon ist sie dann abhängig?

- warum wird den lobbyisten der grosskonzerne die möglichkeit einge-
räumt, mit
einzelnen abgeordneten direkten kontakt zu pflegen, um
die konzerninteressen in der
regierungsarbeit unterbringen zu können?

- warum erhalten lobbyisten keine anhörungszeit in der vollversamm-
lung, wo sie ihre
vorschläge allen unterbreiten müssen? (anschlies-
send werden diese vorschläge von den
fraktionen bearbeitet und nach
einer öffentlichen bundestagsdebatte wird im plenum
abgestimmt,
wie weiter verfahren werden soll). (weil lobbyisten „ihren" parteien
geld
bringen?)

- gibt es ein qualitätsmanagement in der regierung, im parlament,
in den ministerien?
wo hängen die zertifikate?
(ich habe noch nie davon gehört. wenn es soetwas gäbe, müsste
es doch auch
qualitätsbeauftragte geben, deren namen irgendwann
mal in presse und fernsehen
auftauchen würden.
da ist doch offenbar nichts.)


- es wird zu viel dem zufall, einflüsterungen, versprechungen und
kungeleien überlassen. ich
halte es für unverzichtbar, ein qualitäts-
management zu installieren, wie wir es bereits seit
vielen jahren bis
hinunter in kleine handwerksbetriebe haben.

welchen grund sollte es denn geben, an der höchsten stelle im
demokratischen rechtsstaat
kein qualitätsmanagement zu haben?



vorschlag:
meine erwartung an die zu wählenden volksvertreter/innen ist daher,
nachzuweisen, dass ihre
tätigkeiten - von parlament und regierung
festgelegten - normen entsprechen und dass sie
regelmässig in form
von audits, personalgesprächen und supervision kontrolliert, begleitet
und geführt werden.
ich erwarte den qualifikationsnachweis, dass sie über die fähig-
keiten verfügen, die zur
bewältigung ihrer aufgaben erforderlich sind.

natürlich setzt dies voraus, dass bestimmte vorbedingungen erfüllt
sind:

dazu gehört an 1. stelle die definition ihrer aufgaben, und zwar mit
hilfe von
„betriebs"verfassungen (die den aktuellen stand des systems
und die sich daraus
ergebenden aufgaben beschreiben.)  die basis
dazu bilden beispielsweise das grundgesetz,
koalitionsvereinbarungen
sowie resultate relevanter statistischer zukunftsbezogener
erhebungen,
absichtserklärungen zu innen- und aussenpolitischen situationen,
gesellschaftliche, wirtschaftliche entwicklungen usw..

an 2. stelle sollte die verpflichtung stehen, diese verfassungen in fest-
gelegten
intervallen zu überprüfen und sie ggf. an politische, wirtschaft-
liche und gesellschaftliche
veränderungen anzupassen.


auf dieser basis lassen sich sämtliche

a) stellen-
b) arbeitsplatzbeschreibungen und
c) pflichtenhefte der geschäftsführenden regierung und der parlamen-
tarier sowie aller
untergeordneten institutionen (ministerien...) konzipieren.
d) ferner müssten regelmässige audits für alle an der regierungsarbeit
beteiligten menschen verpflichtend sein,

e) personalgespräche und ggf. supervisionen sind nicht nur anzubie-
ten sondern als
kontroll- und steuermassnahmen in die arbeitsabläufe
zu integrieren. (hier hat sich auch die
regierung den fragen des aufsicht-
führenden parlaments zu stellen und ihre handlungen zu
rechtfertigen)
diese bedingungen sind unverzichtbar, um zu überprüfen, ob die
in verfahrensanweisungen
zu formulierenden ziele erreicht wurden.

da die parlamentarier das aufsichtführende organ sind, haben sie
handeln und wirken der
geschäftsführenden regierung zu kontrollieren
und ggf. zu steuern. dass sie dies unter dem
einfluss ihrer parteien tun,
ist gewollt. aber auch dies muss durch verfahrensanweisungen
gere-
gelt werden; denn solange eine solche qualitätskontrolle nicht existiert,
können die
volksvertreter weitgehend selbst entscheiden, wie sie ihren
dienst absolvieren und mit welchen
themen sie sich befassen wollen.

 
das heisst:
bis zum heutigen tag entscheiden hier zufall, neigung und politi-
sches taktieren anstatt auftragsgebunden
heit und disziplin.

ferner:
es gilt die alte regel:
je kleiner eine arbeitsgruppe ist, desto effektiver ist sie.

es macht also in bezug auf die performance überhaupt keinen sinn, das
parlament bei
gelegenheit zu vergrössern. im gegenteil, jede vergrös-
serung verschlechtert die
performance.
(diese regel gilt insbesondere für arbeitsgruppen, die nicht grösser als
max. acht personen
sein dürften, um die zahl der interaktionen ihrer
mitglieder auf möglichst niedrigem stand,
also übersichtlich zu halten.)


achtungsverlust
mit verachtung auf einen anderen menschen zu blicken, bedeutet, dass
sich dieser in den
augen des betrachters massiv fehlverhalten hat, sei
es durch dummheit oder wissentlich.

mit achtungsverlust ist immer dann zu rechnen, wenn entweder unquali-
fiziert gearbeitet wird
oder politische manöver zugunsten von personen
oder parteien erfolgen, also nicht direkt in
bezug zum wohle des bürgers
oder des landes eingeleitet werden.

beides ist nur möglich, wenn es weder verfahrensanweisungen gibt
noch qualitäts
kontrollen.

achtungsverlust in der politik ist daher kein schicksalhafter vorgang
sondern die folge
von missachtung von regelungen oder von deren abwe-
senheit und daher vermeidbar; denn
nur hochqualitative arbeit wird ent-
sprechend gewürdigt und vermittelt den eindruck kompetenten handelns
von leuten, die ihr handwerk verstehen
.
erst dies erzeugt vertrauen und stabilisiert die gemeinschaft.




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181018