ars-et-saliva
david p. eiser
zeitraffer
wie konnte es dazu kommen, dass ein mann
wie donald
trump
präsident
eines der mächtigsten staaten der welt werden konnte?
diese frage
beinhaltet zugleich - unausgesprochen - ein entsetzen über die
unfähig- und
absonderlichkeiten dieses menschen, die ihn für ein solches amt
ungeeignet erscheinen
lassen.
David Brooks, The New York Times,
schreibt schon am 15. Mai 2017:
When
the World Is Led by a Child
At
certain times Donald Trump has seemed like a budding authoritarian, a
corrupt Nixon,
a rabble-rousing populist or a big business corporatist.
But
as Trump has settled into his White House role, he has given a series
of long inter-
views, and when you study the transcripts it becomes clear that
fundamentally he is none
of these things.
At
base, Trump is an infantalist. There are three tasks that most mature
adults have sort
of figured out by the time they hit 25. Trump has mastered none of
them.
Immaturity
is becoming the dominant note of his presidency, lack of self-control
his leitmotif.
*
eigentlich
genügte nur die kombination zweier faktoren, die ihm seine
derzeitige stellung
ermöglicht haben. der eine faktor ist in ihm selbst zu suchen, der
andere beruht auf einem
systemfehler.
der
erste faktor ist seine persönlichkeitsstruktur
nimmt man
diese in augenschein und betrachtet anhand seiner präsenz in den
medien
sein gebaren und die darauf erfolgten reaktionen, dann kommt man nach
all den jahren
zu dem schluss, dass es sich um eine psychopathische
persönlichkeit handelt, unter der
ein beachtlicher teil seiner umwelt zu leiden hat.
sein eigenanteil
am leiden möge mit dem ausmass an unzufriedenheit und chronischem
bedürfnisstill-hunger beschrieben sein.
was seine umwelt
zum leiden bringt, ist unter anderem seine gefühlskälte, die
er nur
mühsam mit tolpatschigen annäherungsmethoden kaschieren kann,
begleitet von pathos-
haltiger rede auf sms-niveau. seine grobschlächtige art, die welt
in schwarz und weiss zu
teilen, führt dazu, dass er niemand, der nicht auch so denkt wie
er (oder sich den an-
schein gibt), wertschätzt. und auch diese wertschätzung
bricht unmittelbar zusammen,
wenn der applaus ausbleibt, wenn widerspruch und/oder kritik erfolgen.
diese
persönlichkeit ist weitgehend selbstkritikunfähig. jeder
widerstand wird als bedro-
hung empfunden und sofort abgewehrt. dieses verhalten lässt keine
echte freundschaft
zu und ist kein garant für verlässlichkeit. ernsthafte
diskussionen mit ihm sind nur möglich,
wenn er eine chance sieht, sie siegreich für sich zu gewinnen.
kompromissbereitschaft
würde das selbstbild schwer beschädigen. deshalb wird mit
dem bulldozer vorgefahren: drohgebärden wie im tierreich. -
gesellschaftskonforme an-
standsregeln und diplomatische verhaltensweisen werden als einengende
beschränkun-
gen empfunden. angestrebte ziele müssen ausnahmslos unbegrenzte
möglichkeiten für
anerkennung, beifall und mengenbäder beinhalten, und zwar zur
persönlichen bereiche-
rung, nicht, um das amt zu schmücken, zu perfektionieren oder zu
bemächtigen. wer
sich diesem egozentrischen bedürfnissturm widersetzt, wird
runtergemacht, verleumdet,
beschimpft.
sichtbar wird
hinter der äusseren fassade, hinter dem von Trump
ausgefüllten präsiden-
tenamt, eine zutiefst unzufriedene, unbefriedigte, hungrige figur, auf
der permanenten
suche nach beifall, voller angst, am ende des tages nicht genug
anerkennung bekom-
men zu haben. die suche nach lustgefühlen und die permanente
abwehrhaltung, um
unlustgefühle zu vermeiden, prägen die
bewältigungsstrategien für seine tagesläufe.
seine
theatralischen bemühungen um aufmerksamkeit werden begleitet von
bewegungs-
und mimischen mustern, die einstudiert wirken. sie erscheinen nicht als
ausdruck be-
gleitender emotionalität sondern als kalkuliertes beiwerk zu
seinem oft kindlich einfälti-
gen dahingebrabbel.
mit hilfe der
lügen, die er verbreitet, versucht er, sich als held und retter
aus notsitua-
tionen darzustellen und damit sein ego zu vergrössern. es ist
nicht unbedingt davon
auszugehen, dass er selbst vom wahrheitsgehalt seiner äusserungen
überzeugt ist,
aber durch seine auffälligen reden begibt er sich in einen
selbstgefertigten glorien-
rausch und kann sich dabei – klammheimlich – über die dummheit der
menschen er-
heben, die ihm vertrauensvoll naiv zujubeln.
als eitler
selbstdarsteller mit langjähriger tv-erfahrung weiss er, welche
mittel er ein-
setzen muss, um zuschauer zu bannen und aus ihnen aktive
unterstützer zu machen.
sein selbstsicheres, “ich-liebe-euch-doch-alle“-signalisierendes
auftreten und das
pathos seiner redereien beeindrucken schlichte gemüter ebenso wie
menschen, die
sich nach einer politischen wende sehnen und in den demokraten keine
alternative
erkennen, die besser wäre als das bisherige.
er macht sich
auch die tricks demagogisch denkender und handelnder mitstreiter
zunutze, um landesweit mit seinen forderungen nach einer neuen
regierung um zu-
stimmung zu werben, und es gelingt ihm, das Washington-müde
wahlvolk ange-
sichts einer fehlenden attraktiven demokratischen figur auf dem
kandidatentablett
auf seine seite zu ziehen.
die
wahlmänner und -frauen wählen ihn schliesslich.
der
zweite faktor ist ein systemfehler
hier wie
auch in wahrscheinlich allen staaten der erde gibt es offensichtlich
kein
kontrollinstrument, das es ermöglichen würde, aus den zur
verfügung stehenden
bewerbern diejenigen herauszufiltern, die die besten voraussetzungen
mitbringen,
das zu besetzende amt auszufüllen.
natürlich
bedarf es zunächst einmal der festlegung,
a: welche
voraussetzungen dies sein sollen und
b: was das amt
bewirken soll.
aber an dieser
stelle scheiden sich bereits die geister; denn gibt es auf der welt
irgendwo eine stellenbeschreibung für einen monarchen, einen
präsidenten, einen
premier, einen kanzler? wo es keine stellenbeschreibung gibt, gibt es
weder ver-
bindliche voraussetzungen noch eine tätigkeitsbeschreibung. also
wird nach gut-
dünken ausgewählt, wobei lobbyismus, finanzkraft, kungeleien
und hinterzimmer
eine rolle spielen. aktuelle wirtschaftliche oder politische
bedingungen, die vielleicht
in einem halben jahr schon keine rolle mehr spielen, beeinflussen diese
entschei-
dungen. oder es geht darum, die bedürfnisse einer bestimmten
klientel zu erfüllen,
ohne rücksicht auf die belange des gesamten volkes.
diese
unbefriedigende situation an höchster stelle der staaten ist
weltweit verbreitet
und führt immer wieder zu entscheidungen, mit denen das volk auf
dauer nicht zu-
frieden ist, nicht zufrieden sein kann, weil gewisse voraussetzungen
nicht gegeben
sind, um missbräuchliche verhaltensweisen zu verhindern.
die ursache
für diese zustände liegt darin, dass entsprechende
kontrollinstrumente
fehlen, wie sie z.b. seit vielen jahren bis hinunter in kleine
handwerksbetriebe zur
regel geworden sind; denn es ist nicht nachzuvollziehen, warum an der
spitze eines
staates, wo gravierendere entscheidungen zu treffen sind als in einem
industrie-
oder handwerksbetrieb, kein qualitätsmanagement angesiedelt ist,
das dafür sorgt,
dass sämtliche verfahrensvorgänge professionell nach
festgelegten regeln erfolgen.
genau wie in
jedem zertifizierten betrieb muss es auch - und erst recht - im
höch-
sten verwaltungs- und führungsbereich eines staates eine
qualifizierte personalab-
teilung geben, die nach vorgegebenen kriterien stellen- und
arbeitsplatzbeschrei-
bungen sowie pflichtenhefte verfasst und qualitätskontrollen
veranlasst.
ferner muss sie
bewerberprofile erstellen und beurteilungsverfahren anwenden, mit
deren hilfe ungeeignete bewerber und bewerberinnen rechtzeitig vom
auswahlprozess
ausgeschlossen werden können. deren aufgabe also darin besteht,
anhand vorformu-
lierter, in verfahrensanweisungen festgelegter entscheidungshilfen
diejenigen kandi-
daten herauszufiltern, die den anforderungen des zu besetzenden amtes
am besten
zu entsprechen scheinen, und zwar unabhängig von einer
parteizugehörigkeit.
eine solche
personalabteilung muss allein dem staat verpflichtet sein und darf
nicht
nach parteiwünschen oder auf grund der einwirkung von
lobbyistengruppen agieren.
damit
könnte sichergestellt werden, dass sowohl ungeeignete
persönlichkeiten wie
auch fehlende berufliche und führungsqualitäten das erreichen
eines kandidatensta-
tus verhindern.
leider hat
dieser kardinalfehler in den USA zu der derzeitigen situation das seine
bei-
getragen und wird voraussichtlich auch in zukunft derartige
entgleisungen verursachen.
ps: wahrscheinlich wird nun mancher
demokrat sich fragen, wozu wir wahlen brauchen,
wenn die personalabteilung der regierung entscheidet, wer wählbar
sein soll und wer
nicht. es heisst doch, das volk sei der souverän und solle
bestimmen, wer könig, präsi-
dent, kanzler, premierminister wird.
in jedem
staatsbürger steckt der wunsch, regiert zu werden, d.h. die
generelle bereit-
schaft, sich einem staatswesen unterzuordnen. es ist die nach dem
erwachsenwerden
verbliebene sehnsucht nach der allmächtigen vaterfigur, und es ist
auch dieses stille
träumen, das den bürger an die wahlurne führt, in der
hoffnung auf ein gutes geleit
von oben.
sich als „normal“-bürger für jemanden zu entscheiden, von dem
man regiert werden
möchte, ist deshalb in erster linie eine emotionale entscheidung;
denn dem „normalen“
wähler stehen keine kenntnisse von persönlichkeit und
fähigkeiten der bewerber zur ver-
fügung. ausserdem dürften die meisten wähler keine
wesentlichen kenntnisse von regie-
rungsarbeit haben, um beurteilen zu können, wie der bewerber
voraussichtlich sein
amt ausfüllen würde.
wenn also nach
dem bisherigen verfahren eine person die mehrheit der wahlstimmen
des volkes auf sich vereinigt, dann heisst das lediglich, dass
sich eine mehrheit auf
grund von gefühlslagen für diese person entschieden hat aber
nicht auf grund der kennt-
nis von leistungsdaten. dass sich fast alle staaten der welt mit einer
solchermassen un-
qualifizierten personalauswahl zufriedengeben, lässt vermuten,
dass der ruf „das-volk-
ist-der-souverän“ lediglich ein werbeslogan ist, der seit
jahrzehnten so oft wiederholt wird,
dass es inzwischen zu einer gesellschaftlichen akzeptanz dieses
ungeheuerlichen vor-
gangs gekommen ist.
aber wie bei
vielen anderen wahlgelegenheiten auch ist es unumgänglich,
emotionale
kriterien weitgehend auszuschliessen und gerade bei solch weittragenden
entschei-
dungen wie bei der besetzung von regierungsposten nach der
professionalität zu fragen,
die für die ausfüllung eines solchen amtes erforderlich ist.
dies zu
beurteilen sollte man getrost der jeweils zuständigen
fachspezifischen personal-
abteilung überlassen, der man als berufsferner laie unqualifiziert
und ahnungslos gegen-
übersteht.
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20-10-2020